Der Lodestone

Annalen des Befreiungskampfes

Der Weg des Drachenreiters

Als Krieger des LichtsAls Krieger des LichtsAls Krieger des LichtsAls Kriegerin des LichtsAls Kriegerin des LichtsAls Kriegerin des Lichts

Die stumm mahnenden Steinmonumente, zart vom Wind umweht, schienen in goldenem Licht zu baden. Das anmutige Schauspiel war eine würdige Huldigung des Hohen Drachen Ratatoskr, der einst dort lebte. Nun endlich war Sohr Khai, was in der Drachensprache „Linderung der Trauer“ bedeutet, befreit von dem Blut und dem Hass des tausendjährigen Drachenkrieges.

„Es steht mir nicht zu, um Vergebung zu bitten, aber der Krieg ist vorbei ...“

Während er diese Worte sprach, senkte Estinien demütig sein Haupt und gedachte des Drachen, dessen hinterhältige Ermordung zum traurigen Ausgangspunkt der tragischen Vergangenheit geworden war. Da nahm ihm eine Windböe die Blumen aus seiner Hand und trug sie weit in den Himmel empor.

„Sieh einer an, der Azur-Drachenreiter ...“

Eine machtvolle Stimme ertönte jäh in Estiniens Kopf. Hinter sich spürte er einen gewaltigen Flügelschlag, und als er sich umdrehte, sah er einen der letzten lebenden Hohen Drachen, Hraesvelgr.

„Pah ...“

Nachdem der Azur-Drachenreiter in der Schlacht auf dem Schicksalsweg von dem Krieger des Lichts gerettet und sein guter Freund Aymeric zum Vorsitzenden des Oberhauses von Ishgard ernannt worden war, hatte Estinien seine Rüstung abgelegt und sich still und heimlich aus der Heiligen Stadt geschlichen. Nicht, dass er seinen Freunden und seiner Heimat nicht länger dienen wollte, aber der Drachenkrieg war vorbei. Als Drachenjäger hatte er den Kampf gegen die Erzfeinde Ishgards angeführt. Nidhogg hatte Besitz von seinem Körper ergriffen und ihn seine Lanze gegen seine Landsleute erheben lassen. Nun mussten Ishgarder und Drachen lernen, in Frieden miteinander zu leben. Seine Heimat brauchte keinen Azur-Drachenreiter mehr. Doch wohin sollte er gehen? Was sollte er mit seiner neu gewonnenen Freiheit anfangen?

Auf der Suche nach Klarheit fand sich Estinien auf einer Reise an schicksalsträchtige Orte, um dort der Toten zu gedenken. Er ging nach Farnkessel, der Stätte seiner Geburt, wo er für seine Eltern und seinen Bruder Hamignant betete. Er blickte von einem hohen Felsen aus auf die Heilige Stadt herab und dankte den Rittern, die ihr Leben für Ishgard gegeben hatten. Er flog durch das Wolkenmeer nach Azys Lla und legte dort Blumen für Ysayle nieder, die sich geopfert hatte, um den Lebenden eine friedliche Zukunft zu ermöglichen. Den kampferfahrenen Ritter beschlich ein ungewohntes Gefühl. Früher, als Azur-Drachenreiter, hatte er nie solche sentimentalen Gedanken gehegt. Am letzten Ziel seiner Reise nun war der Drachenreiter in Sohr Khai angekommen, der Gedenkstätte eines Hohen Drachen, und wurde gerade von einem solchen überrascht.

„Macht es dir eigentlich Spaß, dich anzuschleichen und mich heimlich zu beobachten?“

Hraesvelgr musterte den kecken Ritter aufmerksam und verzog dann sein breites Maul zu einem Lächeln.

„Verzeih, falls ich dich gestört haben sollte, Azur-Drachenreiter. Ich war bloß überrascht, dass du meiner Schwester Blumen gebracht hast. Ratatoskrs Ruf ist auf ewig verstummt, also lass mich dir in ihrem Namen danken.“

Dadurch, dass Estinien zeitweise von Nidhogg besessen war, hatte er einen tiefen Einblick in die Gedankenwelt der Hohen Drachen erhalten. Er wusste, wie sehr Nidhogg und Hraesvelgr um ihre tote Schwester getrauert hatten. Der Dank des Drachen war für ihn wie eine Erlösung.

„Oh, das freut mich. Aber bitte ruf mich nicht mehr bei meinem alten Titel. Ishgard braucht keinen Azur-Drachenreiter mehr.“

Estinien meinte es ernst, doch Hraesvelgr entging nicht die Schwere auf dem Herzen des Ritters.

„Wenn dem so ist, warum trägst du dann noch die Drachenlanze, die mit der Magie meines Bruders getränkt ist?“

Der ehemalige Drachenreiter fühlte sich ertappt. Ja, er hatte seine Rüstung aus voller Überzeugung abgelegt, doch ihm war nicht einmal der Gedanke gekommen, die Drachenlanze zurückzulassen, die Nidhoggs Kraft aufgenommen hatte. Er blieb sprachlos, also fuhr der Drache fort.

„Es zeigt mir, dass du noch kampfbereit bist. Du sagst, deine Aufgabe wäre erfüllt, doch das stimmt nicht ganz.“

Womöglich hatte der Drache Recht. Der Azur-Drachenreiter war noch nicht am Ende seines Weges angelangt. Auch wenn er seinen offiziellen Titel abgelegt hatte, könnten sich seine Kampfkünste, die er im Krieg gegen die Drachen verfeinert hatte, noch als nützlich erweisen. Außerdem gab es da noch etwas zu tun ...

„Schwöre bei dieser Lanze, dass du den Frieden zwischen Ishgard und den Drachen bewahren wirst. Dann werde ich dir eine Rüstung verleihen, die eines wahren Drachenreiters würdig ist.“

Der Drache breitete seine Schwingen aus und erhob sich in die Luft. Estinien blickte ihm kurz nach, sprang auf seinen Manaschnitter und folgte ihm.

Sie flogen eine Weile, bis sie außerhalb von Sohr Khai die Überreste alter Gebäude erreichten. Es schien eine Anlage zu sein, die einst zur gemeinsamen Nutzung von Drachen und Rittern erbaut worden war. Hraesvelgr landete und schritt in ein halb verfallenes Gebäude. Estinien folgte ihm staunend.

„Das ist ja unglaublich ...“

In der ehemaligen Kaserne waren zahlreiche Ritterrüstungen aufgereiht, allesamt modrig und verrostet, doch dazwischen stand eine robuste Truhe, die offensichtlich durch Drachenmagie geschützt war. Als Estinien sie öffnete, verschlug es ihm den Atem.

„Ursprünglich waren Drachenreiter im wahrsten Sinne des Wortes Ritter, die auf Drachen in die Schlacht flogen. Meine Schwester Ratatoskr trug ihre Reiter mit Stolz und schenkte ihnen verzauberte Rüstungen, um sie vor Schaden zu bewahren.“

In der Truhe lagen zwei komplette Rüstungen.

„Diese beiden Rüstungen wurden für die neuen Reiter von Ratatoskr angefertigt. Doch jene, denen Kraft verliehen wurde, gierten nach größerer Macht. Die Wahnsinnigen wollten nicht die verzauberten Rüstungen, sondern die Quelle ihrer Macht. Du weißt, was dann geschah.“

„König Thordan und seine zwölf Ritter ermordeten den Hohen Drachen, entrissen seine Augen, die Quelle seiner Macht, und verleibten sie sich ein.“ Estinien blickte wie gebannt auf die Rüstungen der letzten Drachenreiter. Ohne sich umzusehen fragte er mit bitterer Stimme:

„Warum willst du mir diese verzauberten Rüstungen anvertrauen? Vielleicht bin ich selbst ein Wahnsinniger, der nach Macht giert!“

Nach kurzem, bedächtigem Schweigen antwortete Hraesvelgr:

„Ysayle hat mich dazu bewogen, euch Rittern wieder zu vertrauen.“

Und fügte hinzu:

„Die Rüstungen sind ungetragen und haben noch keine Namen. Wenn du bereit bist, unser neues Bündnis zu ehren, dann sollen sie dir gehören.“

Kurz darauf schritt Estinien hinaus ins Freie, gekleidet in eine der Drachenrüstungen.

„Die Rüstung braucht unbedingt einen Namen.“

Hraesvelgrs Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen, durch die er den Ritter misstrauisch musterte.

„Sie soll Eisherz heißen. Die Rüstung eines Dragoons, der als Azur-Drachenreiter ausgedient hat, doch weiterhin eine von Groll und Hass erfüllte Lanze in seiner Hand trägt. Ein passender Name, nicht wahr?“

Hraesvelgr stieß einen ohrenbetäubenden Ruf aus. Estinien hoffte, dass so das Lachen eines Drachen klang.

Als der Ruf verklungen war, verließ Estinien in seiner neuen Rüstung das Wolkenmeer, fest entschlossen, seine unvollendete Aufgabe zu erfüllen und seine Freunde zu beschützen.


Einige Zeit später stand Estinien auf einem hohen Felsen im Abanischen Fenn und blickte auf die Soldaten herab, die durch das Tal unter ihm in Richtung Ala Mhigo marschierten. Irgendwo darunter vermutete er auch Ritter aus Ishgard und die Helden vom Bund der Morgenröte. Die Zerstörung der riesigen Kanone in Castrum Abania hatte den Weg für die Allianz geebnet. Estinien vertraute darauf, dass sie die Garlear zurückschlagen würden. Er selbst hatte noch etwas anderes zu erledigen.

Doch die Suche nach seinem Ziel verlief nicht ohne Komplikationen. Estinien konnte es nicht dabei belassen, seine Freunde zu beobachten. Als eine Einheit Magitek-Jäger versuchte, der Allianz in die Flanke zu fallen, griff er ein und zerlegte die fliegenden Kampfmaschinen kurzerhand in ihre Einzelteile. Da spürte der Ritter eine ihm wohlvertraute magische Aura über dem königlichen Palast von Ala Mhigo. Mit einem kräftigen Ruck zog Estinien seine Lanze aus den Überresten der Kampfmaschine zu seinen Füßen und eilte geschwind zu dem Lustgarten hoch über den Dächern der Stadt. Als er dort eintraf, hatte sich der Staub des Kampfes schon wieder gelegt, doch Estinien fand, was er gesucht hatte. Entschlossen schritt der Ritter durch den Garten mit seinen seltenen, exotischen Pflanzen.

„Allen Äther für den Primae verbraucht, hm? Umso besser.“

Estinien nahm die Drachenlanze von seinem Rücken, Nidhogg, benannt nach dem Drachen, der einst in seinem eigenen Körper steckte, und richtete ihre Spitze auf sein Ziel.

„Zeit, endlich aufzuräumen ...“

Mit voller Kraft stieß er zu und durchbohrte mit der magischen Lanze das bereits ausgezehrte Drachenauge. Es löste sich in schwarzen Rauch auf, der in den roten Abendhimmel aufstieg.

„Auf Nimmerwiedersehen, Nidhogg!“

Damit zog Estinien endgültig einen Schlussstrich unter sein altes Leben als Azur-Drachenreiter.

Befreit von seiner schweren Bürde schlug er einen neuen Weg ein, einen Weg ins Ungewisse. Doch was auch immer ihn erwartet, ein azurblauer Himmel oder finstere Nacht, er wird stets das Bündnis zwischen Ishgard und den Drachen mit der hasserfüllten Drachenlanze in seinen Händen verteidigen.

Die stumm mahnenden Steinmonumente, zart vom Wind umweht, schienen in goldenem Licht zu baden. Das anmutige Schauspiel war eine würdige Huldigung des Hohen Drachen Ratatoskr, der einst dort lebte. Nun endlich war Sohr Khai, was in der Drachensprache „Linderung der Trauer“ bedeutet, befreit von dem Blut und dem Hass des tausendjährigen Drachenkrieges.

„Es steht mir nicht zu, um Vergebung zu bitten, aber der Krieg ist vorbei ...“

Während er diese Worte sprach, senkte Estinien demütig sein Haupt und gedachte des Drachen, dessen hinterhältige Ermordung zum traurigen Ausgangspunkt der tragischen Vergangenheit geworden war. Da nahm ihm eine Windböe die Blumen aus seiner Hand und trug sie weit in den Himmel empor.

„Sieh einer an, der Azur-Drachenreiter ...“

Eine machtvolle Stimme ertönte jäh in Estiniens Kopf. Hinter sich spürte er einen gewaltigen Flügelschlag, und als er sich umdrehte, sah er einen der letzten lebenden Hohen Drachen, Hraesvelgr.

„Pah ...“

Nachdem der Azur-Drachenreiter in der Schlacht auf dem Schicksalsweg von der Kriegerin des Lichts gerettet und sein guter Freund Aymeric zum Vorsitzenden des Oberhauses von Ishgard ernannt worden war, hatte Estinien seine Rüstung abgelegt und sich still und heimlich aus der Heiligen Stadt geschlichen. Nicht, dass er seinen Freunden und seiner Heimat nicht länger dienen wollte, aber der Drachenkrieg war vorbei. Als Drachenjäger hatte er den Kampf gegen die Erzfeinde Ishgards angeführt. Nidhogg hatte Besitz von seinem Körper ergriffen und ihn seine Lanze gegen seine Landsleute erheben lassen. Nun mussten Ishgarder und Drachen lernen, in Frieden miteinander zu leben. Seine Heimat brauchte keinen Azur-Drachenreiter mehr. Doch wohin sollte er gehen? Was sollte er mit seiner neu gewonnenen Freiheit anfangen?

Auf der Suche nach Klarheit fand sich Estinien auf einer Reise an schicksalsträchtige Orte, um dort der Toten zu gedenken. Er ging nach Farnkessel, der Stätte seiner Geburt, wo er für seine Eltern und seinen Bruder Hamignant betete. Er blickte von einem hohen Felsen aus auf die Heilige Stadt herab und dankte den Rittern, die ihr Leben für Ishgard gegeben hatten. Er flog durch das Wolkenmeer nach Azys Lla und legte dort Blumen für Ysayle nieder, die sich geopfert hatte, um den Lebenden eine friedliche Zukunft zu ermöglichen. Den kampferfahrenen Ritter beschlich ein ungewohntes Gefühl. Früher, als Azur-Drachenreiter, hatte er nie solche sentimentalen Gedanken gehegt. Am letzten Ziel seiner Reise nun war der Drachenreiter in Sohr Khai angekommen, der Gedenkstätte eines Hohen Drachen, und wurde gerade von einem solchen überrascht.

„Macht es dir eigentlich Spaß, dich anzuschleichen und mich heimlich zu beobachten?“

Hraesvelgr musterte den kecken Ritter aufmerksam und verzog dann sein breites Maul zu einem Lächeln.

„Verzeih, falls ich dich gestört haben sollte, Azur-Drachenreiter. Ich war bloß überrascht, dass du meiner Schwester Blumen gebracht hast. Ratatoskrs Ruf ist auf ewig verstummt, also lass mich dir in ihrem Namen danken.“

Dadurch, dass Estinien zeitweise von Nidhogg besessen war, hatte er einen tiefen Einblick in die Gedankenwelt der Hohen Drachen erhalten. Er wusste, wie sehr Nidhogg und Hraesvelgr um ihre tote Schwester getrauert hatten. Der Dank des Drachen war für ihn wie eine Erlösung.

„Oh, das freut mich. Aber bitte ruf mich nicht mehr bei meinem alten Titel. Ishgard braucht keinen Azur-Drachenreiter mehr.“

Estinien meinte es ernst, doch Hraesvelgr entging nicht die Schwere auf dem Herzen des Ritters.

„Wenn dem so ist, warum trägst du dann noch die Drachenlanze, die mit der Magie meines Bruders getränkt ist?“

Der ehemalige Drachenreiter fühlte sich ertappt. Ja, er hatte seine Rüstung aus voller Überzeugung abgelegt, doch ihm war nicht einmal der Gedanke gekommen, die Drachenlanze zurückzulassen, die Nidhoggs Kraft aufgenommen hatte. Er blieb sprachlos, also fuhr der Drache fort.

„Es zeigt mir, dass du noch kampfbereit bist. Du sagst, deine Aufgabe wäre erfüllt, doch das stimmt nicht ganz.“

Womöglich hatte der Drache Recht. Der Azur-Drachenreiter war noch nicht am Ende seines Weges angelangt. Auch wenn er seinen offiziellen Titel abgelegt hatte, könnten sich seine Kampfkünste, die er im Krieg gegen die Drachen verfeinert hatte, noch als nützlich erweisen. Außerdem gab es da noch etwas zu tun ...

„Schwöre bei dieser Lanze, dass du den Frieden zwischen Ishgard und den Drachen bewahren wirst. Dann werde ich dir eine Rüstung verleihen, die eines wahren Drachenreiters würdig ist.“

Der Drache breitete seine Schwingen aus und erhob sich in die Luft. Estinien blickte ihm kurz nach, sprang auf seinen Manaschnitter und folgte ihm.

Sie flogen eine Weile, bis sie außerhalb von Sohr Khai die Überreste alter Gebäude erreichten. Es schien eine Anlage zu sein, die einst zur gemeinsamen Nutzung von Drachen und Rittern erbaut worden war. Hraesvelgr landete und schritt in ein halb verfallenes Gebäude. Estinien folgte ihm staunend.

„Das ist ja unglaublich ...“

In der ehemaligen Kaserne waren zahlreiche Ritterrüstungen aufgereiht, allesamt modrig und verrostet, doch dazwischen stand eine robuste Truhe, die offensichtlich durch Drachenmagie geschützt war. Als Estinien sie öffnete, verschlug es ihm den Atem.

„Ursprünglich waren Drachenreiter im wahrsten Sinne des Wortes Ritter, die auf Drachen in die Schlacht flogen. Meine Schwester Ratatoskr trug ihre Reiter mit Stolz und schenkte ihnen verzauberte Rüstungen, um sie vor Schaden zu bewahren.“

In der Truhe lagen zwei komplette Rüstungen.

„Diese beiden Rüstungen wurden für die neuen Reiter von Ratatoskr angefertigt. Doch jene, denen Kraft verliehen wurde, gierten nach größerer Macht. Die Wahnsinnigen wollten nicht die verzauberten Rüstungen, sondern die Quelle ihrer Macht. Du weißt, was dann geschah.“

„König Thordan und seine zwölf Ritter ermordeten den Hohen Drachen, entrissen seine Augen, die Quelle seiner Macht, und verleibten sie sich ein.“ Estinien blickte wie gebannt auf die Rüstungen der letzten Drachenreiter. Ohne sich umzusehen fragte er mit bitterer Stimme:

„Warum willst du mir diese verzauberten Rüstungen anvertrauen? Vielleicht bin ich selbst ein Wahnsinniger, der nach Macht giert!“

Nach kurzem, bedächtigem Schweigen antwortete Hraesvelgr:

„Ysayle hat mich dazu bewogen, euch Rittern wieder zu vertrauen.“

Und fügte hinzu:

„Die Rüstungen sind ungetragen und haben noch keine Namen. Wenn du bereit bist, unser neues Bündnis zu ehren, dann sollen sie dir gehören.“

Kurz darauf schritt Estinien hinaus ins Freie, gekleidet in eine der Drachenrüstungen.

„Die Rüstung braucht unbedingt einen Namen.“

Hraesvelgrs Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen, durch die er den Ritter misstrauisch musterte.

„Sie soll Eisherz heißen. Die Rüstung eines Dragoons, der als Azur-Drachenreiter ausgedient hat, doch weiterhin eine von Groll und Hass erfüllte Lanze in seiner Hand trägt. Ein passender Name, nicht wahr?“

Hraesvelgr stieß einen ohrenbetäubenden Ruf aus. Estinien hoffte, dass so das Lachen eines Drachen klang.

Als der Ruf verklungen war, verließ Estinien in seiner neuen Rüstung das Wolkenmeer, fest entschlossen, seine unvollendete Aufgabe zu erfüllen und seine Freunde zu beschützen.


Einige Zeit später stand Estinien auf einem hohen Felsen im Abanischen Fenn und blickte auf die Soldaten herab, die durch das Tal unter ihm in Richtung Ala Mhigo marschierten. Irgendwo darunter vermutete er auch Ritter aus Ishgard und die Helden vom Bund der Morgenröte. Die Zerstörung der riesigen Kanone in Castrum Abania hatte den Weg für die Allianz geebnet. Estinien vertraute darauf, dass sie die Garlear zurückschlagen würden. Er selbst hatte noch etwas anderes zu erledigen.

Doch die Suche nach seinem Ziel verlief nicht ohne Komplikationen. Estinien konnte es nicht dabei belassen, seine Freunde zu beobachten. Als eine Einheit Magitek-Jäger versuchte, der Allianz in die Flanke zu fallen, griff er ein und zerlegte die fliegenden Kampfmaschinen kurzerhand in ihre Einzelteile. Da spürte der Ritter eine ihm wohlvertraute magische Aura über dem königlichen Palast von Ala Mhigo. Mit einem kräftigen Ruck zog Estinien seine Lanze aus den Überresten der Kampfmaschine zu seinen Füßen und eilte geschwind zu dem Lustgarten hoch über den Dächern der Stadt. Als er dort eintraf, hatte sich der Staub des Kampfes schon wieder gelegt, doch Estinien fand, was er gesucht hatte. Entschlossen schritt der Ritter durch den Garten mit seinen seltenen, exotischen Pflanzen.

„Allen Äther für den Primae verbraucht, hm? Umso besser.“

Estinien nahm die Drachenlanze von seinem Rücken, Nidhogg, benannt nach dem Drachen, der einst in seinem eigenen Körper steckte, und richtete ihre Spitze auf sein Ziel.

„Zeit, endlich aufzuräumen ...“

Mit voller Kraft stieß er zu und durchbohrte mit der magischen Lanze das bereits ausgezehrte Drachenauge. Es löste sich in schwarzen Rauch auf, der in den roten Abendhimmel aufstieg.

„Auf Nimmerwiedersehen, Nidhogg!“

Damit zog Estinien endgültig einen Schlussstrich unter sein altes Leben als Azur-Drachenreiter.

Befreit von seiner schweren Bürde schlug er einen neuen Weg ein, einen Weg ins Ungewisse. Doch was auch immer ihn erwartet, ein azurblauer Himmel oder finstere Nacht, er wird stets das Bündnis zwischen Ishgard und den Drachen mit der hasserfüllten Drachenlanze in seinen Händen verteidigen.