Der Lodestone

Erinnerungen im Dämmerlicht

Narben der Vergangenheit


Es war wie so oft ein herrlicher Tag in der domanischen Enklave. Die Vögel zwitscherten und das Lachen von Kindern war in der sanften Nachmittagsbrise zu vernehmen. Yugiri kam aus der Rissai-Schule zurück und erfreute sich an ihrer eher seltenen Freizeit, als die hitzige Unterhaltung einiger Kinder sie innehalten ließ.

„Das stimmt nicht! Er hat sie von einem Kampf gegen einen garleischen General!“

„Blödsinn, es war ein Tiger! Der hat ihn überrascht und mit der Pranke am Kopf erwischt!“

Anscheinend stritten sie sich über die Herkunft der Narben in König Hiens Gesicht, und jede Vermutung entfernte sich weiter von der Wahrheit.

„Ihr habt beide unrecht! Er wurde in einem Duell mit dem Affenkönig vermöbelt!“

Ein heftiger Kampf mit Qitian Dasheng war auf jeden Fall einfallsreicher als die meisten anderen Gerüchte, die sie gehört hatte, und kam der Wahrheit erstaunlicherweise sogar am nächsten. Es blieb jedoch ein Hirngespinst. Niemand verstand dies besser als Yugiri, da sie an jenem schicksalhaften Tag zugegen gewesen war, als König Hien sein unverwechselbares Merkmal erhalten hatte.


Während ihrer Kindheit unter den Wellen der Rubinsee war es Yugiri und den anderen Kindern von Sui no Sato streng verboten, die Grenzen ihres Dorfes zu verlassen. Aber ihre Abenteuerlust war nicht so leicht zu bändigen. Immer wieder hatten sie sich dem Blick ihrer Ältesten entzogen, um die Wunder der Oberwelt zu bestaunen. Ihre Neugier führte sie schließlich nach Doma, doch was sie dort fanden, war nicht die Märchenwelt aus ihren Büchern. Die Stadt lag in Trümmern, verwüstet durch den Krieg gegen das Kaiserreich, und schwarz gekleidete garleische Soldaten marschierten durch die Straßen.

Der Anblick dieses Elends und der Zerstörung war mehr, als die Kinder ertragen konnten, und so flohen sie über Stock und Stein, so schnell ihre Beine sie trugen. Sie waren so darauf versessen, nach Hause zurückzukehren, dass niemand bemerkte, wie Yugiri zurückfiel. Schon bald fand sie sich allein in dem dichten Bambuswald von Yanxia wieder. Doch nicht für lange.

Sie erreichte eine Lichtung, auf der ein kleiner Junge stand. Er hielt ein Holzschwert fest in seinen Händen, das aufgrund seiner Größe nicht für jemanden von seiner Statur geeignet schien, doch das tat den rhythmischen Bewegungen seiner Schwünge keinen Abbruch. Vor seinen Füßen hatte sich eine Schweißpfütze gebildet – vermutlich übte er schon ziemlich lange. Während Yugiri darüber nachdachte und seine unerschütterliche Konzentration beobachtete, siegte letztendlich die Neugier über ihre Angst. Schließlich nahm sie ihren Mut zusammen und sprach den Jungen an:

„Was machst du hier draußen?“

Sie hatte gedacht, dass sie ihn womöglich erschrecken würde, doch seine rhythmischen Schwünge gingen ununterbrochen weiter, während er antwortete:

„Ich trainiere. Wenn ich kämpfen muss, um meine Lieben zu beschützen, dann muss ich stärker werden!“

„Aber ... du bist doch noch ein Kind. Es liegt nicht an dir, zu kämpfen oder jemanden zu beschützen.“

Da hielt der Junge endlich inne und blickte seine Beobachterin an.

„Ich bin kein Kind“, wies er sie zurecht. „Ich bin Shun Rijin, ein Samurai aus Doma. Es ist die Pflicht eines Samurai, seine Leute zu beschützen. Und das habe ich vor“, sagte er, während er erneut seine Kampfhaltung einnahm. „Also muss ich stark werden.“

Der kleine Junge würde eines Tages seine Pflicht erfüllen, und obgleich sie es in diesem Moment nicht wusste, würde Yugiri an seiner Seite stehen – eine versierte Shinobi in den Diensten von König Hien. Doch heute war nicht jener Tag und da er sich dem Ende zuneigte, musste Yugiri allmählich nach Hause zurückkehren. Mit dem jungen Shun als ihren Führer fand sie ihren Weg zurück zu den Küsten der Rubinsee und kurz darauf bis nach Sui no Sato. Wieder in Sicherheit.

Doch für wie lange?

Es war vermutlich nur eine Frage der Zeit, bis das Kaiserreich den Grund der Rubinsee erreichen würde, und die Bewohner von Sui no Sato wären wohl kaum in der Lage, einen garleischen Angriff abzuwehren. Sollte jener Tag kommen, muss ich meinen Beitrag leisten.

Am nächsten Tag kehrte Yugiri an die Oberfläche zurück, um Shun im Bambuswald Gesellschaft zu leisten. Sie versuchte ihr Bestes, seinen Rhythmus mit ihrem eigenen Holzschwert nachzuahmen.

Jeden Tag schlich sie sich davon, um mit ihm zu trainieren, und mit jedem Tag kamen sich die beiden näher. Shun hatte eine dringend benötigte Freundin gefunden, mit der er sich offen unterhalten konnte und so einen Teil seiner Kindheit zurückerlangt, die der Krieg ihm bislang verwehrt hatte. Selbst das einfache Spiel Ishikeri reichte aus, um Shun die Sorgen der Welt vergessen zu lassen, wenn auch nur für kurze Zeit. Als Yugiri ihm erklärte, dass die Kinder von Sui no Sato jeden Tag so ausgelassen spielten, erwiderte er dies mit einem Ausdruck von Erstaunen und Neid. In diesem Moment begann sie, das Ausmaß der Unterdrückung des Kaiserreichs zu begreifen. Die Ergriffenheit dieses Augenblicks würde ihr lange erhalten bleiben.

Es war ein weiterer sonniger Tag, perfekt zum Trainieren. Doch als Yugiri in dem Bambuswald eintraf, bot sich ihr ein ungewöhnliches Bild – Shun saß mit verschränkten Armen und einer in Falten gelegten Stirn ruhig in der Mitte der Lichtung. Burg Doma war beim Einfall des Kaiserreichs belagert und schwer beschädigt worden, und nun hatten die Invasoren damit begonnen, Dorfbewohner für den Wiederaufbau zu verpflichten. Die letzten Tage über waren die Bürger dazu gezwungen worden, ohne Unterlass zu schuften. Eine Pause gab es nur für jene, die erschöpft zusammenbrachen. Shun konnte diese Misere nicht länger ignorieren, also war er zu seinem Vater König Kaien gegangen, dem einstigen König eines Landes, das nun eine garleische Provinz war. Er hatte ihn angefleht, das Leiden zu beenden, sich zu erheben und gegen das Kaiserreich zu kämpfen.

„Weißt du, was du da verlangst, mein Sohn? Was du von Doma verlangst?“, hatte sein Vater gefragt. Dieser war inzwischen nichts weiter als eine Marionette des Kaiserreichs, zutiefst besorgt über den Preis der Unfolgsamkeit. „Du kannst mich gerne für herzlos halten, aber die Leute werden es überstehen. Das müssen sie einfach ...“

Trotz der Wut, die in seiner Brust schwelte, hatte Shun gegenüber seinem Vater geschwiegen. Doch nun konnte er spüren, wie der Zorn erneut in ihm aufstieg, während seine Sicht verschwamm.

„Ich kann dem nicht länger tatenlos zusehen. Ich muss ihnen helfen!“

Dann drehte er sich weg, in der Hoffnung, dass man die Tränen, die über sein Gesicht liefen, nicht sehen würde.

„Als Samurai von Doma muss ich meine Pflicht erfüllen!“

Große Worte verlangen große Taten, aber er war lediglich ein Kind, gepeinigt von der Aussichtslosigkeit seiner Lage.

Yugiri konnte keine tröstenden oder ermunternden Worte finden, daher hatte sie ihm nur ihre Gesellschaft anzubieten. Und so teilten sie einen Moment der Stille in dem Bambuswald und betrachteten die Wolken, die über sie hinwegzogen. Dann erhob sich Shun und ballte die Fäuste.

„Es tut mir leid, Yugiri, aber ich muss zurück nach Hause.“

Sie kannte ihn lange genug, um zu merken, wenn etwas nicht stimmte, und so folgte sie ihm heimlich in den Schatten. Wie vermutet kehrte er nicht in sein Dorf zurück, sondern lief den Fluss Einzig entlang, bis er schließlich zu seinem Ziel gelangte – dem Kompass der Schwalbe. Das einst große Mausoleum, das zu Ehren seines Vorfahren Ganen errichtet worden war, dem heldenhaften Einiger Domas, war nun verfallen, und die Garlear schienen entschlossen, Pilger von ihm fernzuhalten. Doch es gab nur wenige, die das Gelände des Mausoleums so gut kannten wie Shun und seine Familie. Yugiri sah aus der Ferne zu, wie Shun sich an den Wachen vorbeischlich und in einer Mauer zu verschwinden schien. Was hast du vor, Shun? Sie wartete einen kurzen Augenblick, bis sie ihm folgte. Während sie durch die dunklen, moderigen Korridore des Mausoleums schlich, wurde die Stille durch den Klang von Metall auf Metall durchbrochen.

Klonk ... Klonk ...

Shun sprang schnell in den Schatten einer Säule, während Yugiri sich ohne sein Wissen hinter einem Gong in der Nähe verbarg. Kaum hatten sie das getan, tauchte eine gigantische stählerne Gestalt mit einem wertvollen Juwel als Herz aus der Dunkelheit auf – ein Kiyofusa. Shun wusste nur zu gut, dass dieser seelenlose Wächter die Schätze der Gruft vor Räubern schützen sollte. Er wusste zudem, dass sein Gegenüber nicht zwischen Freund und Feind unterschied, und so hielt er seinen Atem an, in der Hoffnung, nicht entdeckt zu werden. Schließlich zog sich der Kiyofusa wieder in die Dunkelheit des Mausoleums zurück, was Shun dazu veranlasste, weiterzugehen. Auch Yugiris Nerven hatten sich beruhigt und sie sprang eilig aus ihrem Versteck hervor, um ihm zu folgen. Etwas zu eilig vielleicht, denn sie stieß dabei gegen den Gong, dessen donnernder Klang sofort die Luft erfüllte. Das Geräusch wurde umgehend von dem schweren Rattern von Stahl beantwortet, da der Kiyofusa zurückkehrte und sein Augenmerk sich nun auf den Eindringling richtete.

Ich bin erledigt ...!

Yugiri dachte daran, wegzulaufen, aber ihre Beine wollten ihr nicht gehorchen. Der Wächter hatte sie entdeckt und erhob sein gewaltiges Schwert über ihrem Kopf. Ich Närrin ... Als das Schwert niederging, konnte sie nur ihre Augen schließen und sich auf das Ende gefasst machen. Der Weg des Schwertes wurde jedoch verkürzt und Yugiri zuckte zusammen, als sie das Geräusch von aufeinanderprallendem Stahl hörte. Als sie ihre Augen öffnete, sah sie, wie Shun über ihr stand und sich mühte, das Schwert des Wächters davon abzuhalten, sich zu nähern.

„Zurück mit dir! Schnell!“

Obwohl sich ihre Beine noch immer sträubten, gelang es Yugiri, in Sicherheit zu kriechen, während Shun das Schwert des Kiyofusa zur Seite ablenkte. Der Ansturm war jedoch noch nicht vorüber. Das riesige Schwert ihres Gegners schnellte erneut in die Luft, wodurch Shun ein paar Schritte rückwärts stolperte.

Sein Katana hatte die Hauptlast des Schlages abgefangen, und Shun glaubte, nur ein paar Schrammen erlitten zu haben. Bis er ein warmes Gefühl bemerkte und etwas von seiner Stirn tropfte. Gebt mir Kraft, Kami.

Er hegte keinen Zweifel daran, dass der Wächter sein Ziel schon bald finden würde. Doch dessen unbeholfene Bewegungen nach dem Schwung waren ihm ebenfalls nicht entgangen. Nun, zumindest hat er auch Schwächen ...

Wenn Shun den Kiyofusa beseitigen wollte, musste er darauf hoffen, dass dieser ein zweites Mal sein Ziel verfehlte. Und so stürzte er sich erneut in das Gefecht, um einen weiteren Angriff zu provozieren.

Der Stahlgigant schwang sein Schwert von Neuem nach oben und obgleich Shun dachte, er sei vorbereitet, streifte die Klinge ihn mit seiner trügerischen Geschwindigkeit erneut am Kopf. Doch er ließ sich von dieser Verletzung nicht aufhalten. Der Kiyofusa geriet abermals ins Straucheln und bevor er wieder angreifen konnte, näherte sich Shun ihm so weit wie möglich. Jetzt! Er legte all seine Konzentration und all seine Kraft in seine Klinge, als er das Kristallherz mit einem Schlag zerschmetterte. Sofort brach der metallene Hüne auf dem Boden zusammen. Ein hart erkämpfter Sieg, doch Shun verschwendete keine Zeit darauf, ihn auszukosten, und wollte auch nicht das Risiko eingehen, einem weiteren Wächter des Mausoleums zu begegnen.

„Wir müssen hier raus. Sofort!“

Er half Yugiri auf und zusammen nahmen sie schnell und leise den Weg zurück, auf dem sie gekommen waren. Sie machten nicht Halt, bis die frische Luft einmal mehr ihre Lungen füllte. Was immer auch Shuns Ziel gewesen sein mochte, er hatte es nun aufgegeben, und die Wunden an seinem Kopf waren die einzige Belohnung für seine Bemühungen.

„Ich ... Ich verdanke dir mein Leben.“

Der kurze Moment der Ruhe wurde jedoch jäh unterbrochen, als sie von einer garleischen Wache entdeckt wurden, die in der Gegend patrouillierte.

„Was bei den Sieben Höllen treiben denn ein paar Kinder hier?“ Die Wache lächelte dabei, doch auch das konnte die Bosheit in ihren Augen nicht verbergen. „Nun, ich hoffe, ihr hattet euren Spaß ...“

Yugiri erstarrte, als die Wache nach dem Schwert an ihrer Hüfte griff.

„Bitte!“, rief Shun aus. „Sie ist nur wegen meiner Leichtsinnigkeit hier. Welche Strafe auch immer Euch vorschwebt, verschont sie, ich flehe Euch an!“

Er ging auf seine Hände und Knie, in der Hoffnung, dass die Wache Gnade zeigen würde.

„Das ist echt nobel für einen so jungen Kerl, das lasse ich dir. Aber dennoch ...“

Der Anblick des Schwertes der Wache ließ Yugiri in Tränen ausbrechen. Ihr Verstand raste und suchte verzweifelt nach einem Weg, Shun zu retten.

„Oje, welch ein trauriges Schauspiel.“

Alle drehten sich um und erblickten Gosetsu, den berühmten Samurai und treuen Diener des Hauses Rijin. „König Kaien wird sicher untröstlich sein, wenn er von der Exekution seines ältesten Sohnes erfährt.“

Die Wache wandte sich wieder den Kindern zu. Ihre Augen waren weit geöffnet und ein leichtes Zittern fuhr durch ihre Klinge. „I-Ich habe meine Befehle. Jedes unerlaubte Betreten des Mausoleums gehört mit dem Tode bestraft.“ Sie umklammerte ihr Schwert noch fester. „Keine Ausnahmen.“

„Ein pflichtbewusster Mann, wie ich sehe ... Aber sag mir doch bitte, wie du zu erklären gedenkst, dass Kinder unentdeckt an dir vorbeischleichen konnten? Ich schaudere bei dem Gedanken daran, welch eine Strafe die Statthalterin für solch eine Nachlässigkeit verhängen könnte.“

Darauf hatte die Wache keine Antwort. Und sie schien auch nicht den Zorn der Statthalterin auf sich ziehen zu wollen. „Verschwindet schon. Und lasst euch ja nicht von jemand anderem entdecken.“ Mit diesen Worten zog sie sich wieder auf ihren Posten zurück.

„Solch eine Leichtsinnigkeit steht Euch nicht gut zu Gesicht, Meister Rijin. Was, wenn ich nicht gewesen wäre, um die Wache umzustimmen?“

Shun hielt seine Absichten für gerecht und glaubte, er würde das Richtige tun. Und dennoch vermochte er Gosetsu nicht anzublicken.

„Qitian Dasheng würde in der Tat einen formidablen Verbündeten abgeben, wenn die Geschichten über seinen Heldenmut wahr sind. Lasst uns mal annehmen, Euer Plan wäre aufgegangen und mit der Hilfe des Affenkriegers hättet Ihr jene gerettet, die gezwungen werden, die Burg wieder aufzubauen. Was dann?“

Shun blickte auf, als wollte er etwas erwidern, doch sie wussten beide, dass er keine Antwort darauf hatte.

„Auch ich möchte unsere Leute aus den Klauen der grausamen Garlear befreien, doch Deserteure erwartet ein weitaus schlimmeres Schicksal. Wärt Ihr bereit, ihnen die Bürde dieses Risikos aufzuerlegen? Haben sie überhaupt die Entschlossenheit, diese zu tragen?“ Gosetsu sah den Schmerz in Shuns Augen und fuhr mit einem sanfteren Gesichtsausdruck fort: „Verzeiht mir, Meister Rijin, aber ich glaube, Ihr versteht nicht, was Ihr da von unseren Leuten verlangt. Was Ihr von Doma verlangt.“

Yugiri konnte sehen, wie Shun mit der Wahrheit der klaren Worte des Samurai rang.

„Es ist, wie Ihr sagt, mein Herr. Er verlangt zu viel von seinen Leuten, und auch von sich selbst, fürchte ich.“ Dann erzählte sie ihm von Shuns unerschrockener Heldentat, die ihnen eine weitgehend unversehrte Flucht aus dem Mausoleum ermöglichte.

„Ein beeindruckender Mut für Euer junges Alter, so viel ist sicher. Euer Vater wäre stolz auf Euch. Wo wir schon von ihm sprechen, ich denke, es ist an der Zeit, dass Ihr nach Hause zurückkehrt, Meister Rijin.“

Es vergingen weitere Tage und Wochen, und schließlich war der Wiederaufbau von Burg Doma abgeschlossen und die Zwangsarbeit der Dorfbewohner fand ein Ende. Während dieser Zeit blieben der Bambuswald und sein Trainingsplatz leer. Und das sollte auch so bleiben, da Shun sich auf das Training unter Gosetsus wachsamem Auge vorbereitete. Das bedeutete natürlich auch, dass sich die Wege von Shun und Yugiri trennten.

„Mein Vater hatte Recht – fürs Erste müssen wir einfach durchhalten. Es ist noch viel zu früh, sich dem Kaiserreich zu widersetzen. Das gilt auch für mich.“

Früher hätte er bei diesem Gedanken die Stirn gerunzelt, doch er rang sich ein schiefes Lächeln ab und der hoffnungsvolle Blick in seinen Augen war unvergesslich.

„Eines Tages werde ich Doma zu einem Land wie Sui no Sato machen, wo Kinder lachen und niemand in Furcht leben muss – das schwöre ich.“

Als Yugiri sah, wie er sich in so kurzer Zeit verändert hatte, musste sie sein Lächeln erwidern. „Und ich werde da sein, wenn du es wahr machst!“

„Dann gibt es einiges, worauf ich mich freuen kann.“

Es würden viele Jahre vergehen, ehe sie sich wiedersahen. Yugiri Nebelschleicher, die versierte Shinobi aus Sui no Sato und König Hien, der berühmte Samurai und Thronfolger von Doma.

Der Klang von klackernden Steinen riss Yugiri aus ihren Erinnerungen. Die Kinder hatten ihre Zankerei beendet und widmeten sich nun einer mitreißenden Partie Ishikeri. Es war eine Bilderbuchszene aus Doma, weit entfernt von den traurigen Tagen der garleischen Besatzung.

„Darf ich mitspielen?“

In diesem Moment fiel es ihr schwer, ihn nicht als eines der Kinder zu sehen. Yugiri betrachtete mit einem Lächeln, wie König Hiens Stimme sich unter die der lachenden Kinder mischte. Du bist wahrlich ein Mann deines Wortes.


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